Zum World Mental Health Day: Das Gesundheitsmanagement der prismat

»Der Glaube, dass man keine Schwäche zeigen darf und alles alleine hinbekommen muss, ist der falsche Weg«

Laut Deutscher Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (DGPPN) erfüllt jeder vierte Erwachsene in Deutschland die Kriterien einer psychischen Erkrankung pro Jahr. Das sind ca. 18 Millionen Betroffene. Eine riesige Zahl hinter der sich viele einzelne Leidensgeschichten verbergen sowohl für die Erkrankten als auch für ihre Angehörigen.

Das Thema mentale Gesundheit ist an sich ein Kernthema unseres Menschseins und erhält in den letzten Jahren zum Glück immer mehr Aufmerksamkeit. Da die Arbeit eine Sache ist, mit der wir einen Großteil unserer Wachzeit verbringen und die viele Stressoren mit sich bringen kann, und weil wir wollen, dass es unseren Mitarbeitenden gut geht (Spaß ist nicht zuletzt einer unserer Unternehmenswerte), ist natürlich auch psychische Gesundheit ein wichtiger Punkt in unserem betrieblichen Gesundheitsmanagement.

Seit 2021 kooperieren wir mit dem externen Dienstleistungsunternehmen ICAS Deutschland GmbH.

Diese Interviews haben wir bereits 2022 auf unserer alten Webseite veröffentlicht. Weil das Thema so wichtig ist, nehmen wir den diesjährigen World Mental Health Day als Anlass für einen Reupload.

Wer oder was ist ICAS?

ICAS ist ein weltweit vertretener Anbieter von Services der Mitarbeitendenberatung. Dies beinhaltet 24/7 telefonische Beratung sowie die Beratungsmöglichkeit via Live-Chat für emotionale und psychologische Anliegen und Workshops für Führungskräfte zu Früherkennung und Umgang mit psychischen Belastungen der Mitarbeitenden. Im Rahmen des Familienservice, erhalten Mitarbeitende eine Begleitung und Beratung während der Schwangerschaft und Elternzeit bis hin zur Pubertät, eine professionelle Recherche und Vermittlung passender Betreuungslösungen (Krippen- / Kita-Plätze, Hausaufgaben- oder Ferienbetreuung) etc.

Um den umfangreichen Service gewährleisten zu können hat ICAS europaweit Kooperationsverträge mit über 1.200 ausgebildeten Psychotherapeutinnen und Psychologen (davon über 250 in Deutschland) sowie einigen Rechtsanwaltskanzleien. Die Qualität des Angebots sichert ICAS mit hohen Qualitätsstandards. Mehr Informationen zu Service, Organisation und Arbeitsweise finden Sie in den FAQs des Unternehmens.

Den World Mental Health Day letztes Jahr haben wir genutzt, um mal genauer bei prismats Geschäftsführung und der ICAS nachzufragen.

Interview mit der Geschäftsführung

 

Warum habt ihr euch generell für so ein Angebot entschieden?

Lothar Grüber: Das Employee Assistance Program der ICAS ist ein fester Bestandteil im Rahmen unseres betrieblichen Gesundheitsmanagements. Die prismat stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Daher ist es selbstverständlich, dass wir uns auch intensiv um die mentale Gesundheit der Mitarbeitenden kümmern.

Das EAP ergänzt logisch unsere anderen Maßnahmen zur Vorbeugung von insbesondere psychischen Erkrankungen, die allgemein leider immer häufiger im Berufsleben auftreten. Die Schulungen der prismat zu bspw. Selbst- und Menschenkenntnis, Stressmanagement sowie Konfliktmanagement sollen vorbeugen, dabei unterstützen, sich selbst einzuschätzen und vermitteln, wie Leute mit Extremsituationen umgehen können. Sollte jedoch etwas Akutes anfallen, benötigt man zeitnah professionelle Hilfe – und dies unabhängig von Ort und Zeit, d.h. 7/24.

Das Beratungsangebot der ICAS können auch die Partner*innen der Mitarbeitenden nutzen. Herausforderungen in der Partnerschaft wie z. B. der Tod von Angehörigen etc. können sehr belastend sein. Die Kooperation mit ICAS unterstützt die Ausrichtung der prismat als familienfreundliches Unternehmen und soll alle Kolleginnen und Kollegen in ihren Lebensphasen unterstützen.

Fin Geldmacher: Durch die Pandemie und das seitdem gängige Remote-Arbeiten haben Unternehmen und Führungskräfte nochmal eine ganz andere Verantwortung. Es geht darum, die Leute »abzuholen« und zu integrieren. Wegen der Arbeit im Homeoffice sind wir nicht mehr so nahe an den Mitarbeitenden dran. Gerade introvertierte Personen dürfen hier nicht auf der Strecke bleiben. Anfangs haben wir da sicherlich auch Fehler gemacht, Corona und der erste Lockdown waren für alle eine völlig neue Situation.

Seit Anfang des Lockdowns haben wir mit Trainings versucht, die Führungskräfte im Umgang mit der neuen Situation und ihren Mitarbeitenden zu schulen. Menschen sind unterschiedlich: einige brauchen mehr Kontakt, andere kommen alleine gut zurecht, manche melden sich, wenn die Hilfe brauchen, andere nicht. Von Angesicht zu Angesicht im Büro bemerken Kolleginnen und Kollegen eher, wenn irgendwas nicht stimmt, sich jemand anders verhält oder zurückzieht. Bei der Zusammenarbeit via MS Teams ist das schwieriger. Während sich im Büro spontan auf dem Weg zur Kaffeemaschine Gespräche ergeben oder man über den Schreibtisch hinweg redet und dabei mitbekommt, wie es der anderen Person geht, ruft man im Homeoffice selten einfach für einen Small Talk an.

 

Warum habt ihr euch ausgerechnet für ICAS entschieden? Was waren für euch wichtige Entscheidungskriterien?

Lothar: ICAS bietet ein umfangreiches Angebot, welches verschiedene Bereiche abdeckt: psychische Belastungen, Familie, rechtliche Themen etc. Außerdem ist es auf verschiedene Personengruppen in ihren unterschiedlichen Lebensphasen ausgerichtet.

Dazu kommt die Qualität in dem Leistungsangebot, da im Falle eines Bedarfs z.B. ausgebildete Psychologinnen und Psychologen deutschlandweit 7/24 zur Verfügung stehen. Auch, sofern gewünscht, kann eine persönliche Hilfestellung angeboten werden, zum Beispiel ein Therapie-Termin, für Menschen, die ihre Probleme gerne in Person besprechen möchten oder Unterstützung bei der Suche nach einer Kinderbetreuung.

Die Referenzen und die Sicherstellung der Anonymität für die Mitarbeitenden im Rahmen der Nutzung waren ebenfalls wichtige Punkte für die Entscheidung.

Fin: Uns war wichtig, dass auch Partner*innen das Beratungsangebot in Anspruch nehmen können. Wie bei unseren Projekten haben wir hier eine ganzheitliche Sicht, denn wenn jemand stark belastet ist, kann das auch für die anderen Personen im Haushalt schwierig sein. Die Pandemie war für alle belastend. Während Singles vielleicht mit der Einsamkeit des Homeoffice zu kämpfen hatten, waren Familien mit völlig anderen Problemen konfrontiert, sei es, dass zu Hause nicht mal eben zwei Büros zur Verfügung stehen, die Kinder plötzlich »nebenbei« im Homeschooling betreut werden müssen oder allen, wenn plötzlich fünf Leute die meiste Zeit zu Hause verbringen, die sprichwörtliche Decke auf den Kopf fällt.

 

Wie seid ihr vorher mit Situationen umgegangen, in denen so ein Angebot hilfreich gewesen wäre?

Lothar: Wir hatten auch vor der Kooperation mit ICAS bereits ein Angebot, welches aber die Bedürfnisse der Mitarbeitenden nicht ausreichend bedient hat und daher auch nicht angenommen wurde. In der Vergangenheit haben die Vorgesetzten in Abstimmung mit der Geschäftsführung und der HR-Abteilung versucht bestmöglich Unterstützung und Hilfe anzubieten. Da man in Extremsituationen aber an persönliche Grenzen kommt, ist eine professionelle Unterstützung hier hilfreich und wichtig.

 

Merkt ihr einen Unterschied zu früher? Wird heute offener mit Themen wie Stress, Depressionen, Überlastung umgegangen oder ist das immer noch ein Tabuthema?

Lothar: Der Fokus auf mentale Gesundheit ist, leider auch bedingt durch die gesellschaftliche Entwicklung, viel stärker in den Vordergrund getreten. Das Thema zu ignorieren oder als Tabuthema zu erklären wäre der komplett falsche Weg. Wie oben erwähnt gehen wir sehr offen damit um und versuchen durch Schulungen Vorsorge zu treffen sowie für das Thema ein Bewusstsein zu schaffen. Gleichzeitig sollen sie Mitarbeitenden vermitteln, was mit ihnen persönlich in solch einer Situation passiert und wie sie damit umgehen können. Sofern dann jemand weitere Unterstützung benötigt, wäre ICAS verfügbar. Wir schulen außerdem die Führungskräfte in diesen Punkten, um eine frühzeitige Erkennung von Entwicklungen zu ermöglichen und aufzuzeigen, wie die Führungskraft damit umgehen kann und soll.

Fin: Psychische Gesundheit ist bei uns kein Tabuthema. Unsere Mitarbeitenden sind unser wichtigstes Gut. Natürlich wollen wir, dass es ihnen gut geht und sie sich wohl bei der prismat fühlen. Dafür ist ein offener Umgang mit solchen Themen essenziell.

 

Wird das Angebot überhaupt genutzt?

Lothar: Wir sehen, dass das Angebot grundsätzlich genutzt wird, wobei wir in keinem Fall erfahren, wer das Programm wie und warum genutzt hat. Die zugesicherte Anonymität ist ein wichtiger Punkt im Rahmen dieses Konzeptes.

Fin: Es kamen auch schon mehrere Mitarbeitende auf uns zu, die von sich aus offen darüber gesprochen haben. Zum Beispiel gab es eine Person, die dem ganzen sehr skeptisch gegenüberstand. Das klassische »Die können mir eh nicht helfen.« Sie hat sich dann doch zu einem Anruf überreden lassen und tatsächlich konnte ICAS tatkräftige Unterstützung leisten. Solche Rückmeldungen freuen uns natürlich, denn wir wollen das nicht nur irgendwo in einem Flyer für Benefits stehen haben, so ein Angebot soll den Leuten wirklich helfen.

 

Gab es eine Situation in eurem Leben, in der ihr euch selbst so ein Hilfsangebot wie die ICAS es anbietet gewünscht hättet?

Lothar: Ja, das war in einer Lebensphase, wo ich beruflich sehr viel gereist bin, in einer Beziehung mit dem ersten Kind war und ein Haus gekauft habe. Dies alles in Verbindung mit meinen Hobbys, Freundschaften und Familie in Einklang zu bringen war damals eine große Herausforderung. Dies führte zu großem Stress und natürlich auch Konflikten.

 

Was möchtet ihr den Leuten im Rahmen des World Mental Health Day mitteilen? Was ist euch wichtig?

Lothar: Wichtig ist, dass man auf sich achtet und offen und ehrlich zu sich selbst sowie mit persönlichen Leistungsgrenzen umgeht und dann auch Hilfe annimmt. Der Glaube, dass man keine Schwäche zeigen darf und alles alleine hinbekommen muss, ist der falsche Weg. Man hat nur eine Gesundheit und auf die gilt es sorgsam zu achten.

Interview mit Sibylle Müller von der ICAS Deutschland GmbH

Bevor wir irgendwelchen Fremden telefonisch oder per live-Chat unsere emotionalen und psychologischen Leiden mitteilen, wollen wir aber erstmal wissen, mit wem wir es da zu tun haben.

Sibylle Müller von der ICAS Deutschland GmbH hat uns unsere zahlreichen Fragen beantwortet.

 

Was ist der Gedanke hinter ICAS?

Sibylle Müller: Ziel ist es, Belastungen bei Mitarbeitenden frühzeitig anzugehen mittels Hilfe zur Selbsthilfe. Die Leistungsfähigkeit ist gefährdet durch Ablenkungen, Sorgen jeglicher Art, privater und arbeitsbezogener Natur. Durch eine externe und anonyme Unterstützung bei persönlichen Krisen kann das Wohlbefinden rasch wiederhergestellt oder zusätzliche Hilfe gewährleistet werden.

 

Was sind die am häufigsten auftretenden Themen?

SM: Die häufigsten arbeitsbezogenen Themen haben alle mit Druck und Überlastung am Arbeitsplatz zu tun. Konflikte am Arbeitsplatz sind nach vielen Jahren nicht mehr unter den Top-Themen. Der Anteil arbeitsbezogener Themen ist in den letzten Jahren gesunken, der Anteil privater Themen hingegen gestiegen (arbeitsbezogene Probleme: 36%, private Probleme: 64%).

 

Wie hat sich das Angebot weiterentwickelt?

SM: In den letzten Jahren wurde das Angebot erweitert durch zusätzliche Module wie den Familienservices, das Schulungsangebot der ICAS Academy sowie durch digitale Angebote wie Live-Chat, App und Videoberatungen.

 

Angenommen, ich habe Bedarf, wie läuft die Hilfestellung ab? Was muss ich tun?

SM: Sie kontaktieren ICAS entweder über die kostenlose Rufnummer oder via Live-Chat. Sie werden sofort mit einer Psychologin oder einem Psychologen verbunden, auch nachts oder an den Wochenenden. Die Beratung beginnt sofort, es muss kein weiterer Termin oder Rückruf vereinbart werden. Sie werden lediglich nach Ihrem Arbeitgeber gefragt, um zu prüfen, ob Sie für den Service berechtigt sind. Sie erhalten eine anonyme Fallnummer, mit der Sie jederzeit an die Erstberatung anknüpfen können. Und dies unbegrenzt.

 

Das Unternehmen gibt es seit 1987. Merken Sie einen Unterschied zwischen den 1990ern und jetzt?

SM: Ja, in den 1990er Jahren waren die Beratungen vor allem lebenspraktischer/rechtlicher oder finanzieller Natur. Heute kontaktieren uns Mitarbeitende mehrheitlich wegen emotionaler und psychologischer Themen. Man kann also sagen, dass die psychischen Belastungen zugenommen haben und insbesondere der Stresslevel in den letzten Jahren stark gestiegen ist.

 

In den sozialen Medien wird mentale Gesundheit (auch im Arbeitskontext) zunehmend thematisiert, merken Sie das auch in Ihrem Alltag oder ist das in der Realität immer noch ein Tabuthema?

SM: Wir merken in unserem Beratungsalltag, dass allgemein offener über psychische Belastungen gesprochen wird als noch vor fünf Jahren. Corona hat sicherlich auch dazu beigetragen. Wie mit dem Thema umgegangen wird, hängt aber auch stark von der jeweiligen Unternehmenskultur ab. Wenn zum Beispiel Führungskräfte offen über ihre psychischen Belastungen sprechen, trägt dies dazu bei, dem Thema mentale Gesundheit mehr Beachtung zu schenken.

 

Welche Angebote werden besonders stark genutzt?

SM: Die telefonische Beratung wird am meisten genutzt, gefolgt von persönlichen Beratungssitzungen (Face-to-Face) und Management-Beratungen. Der Anteil der Anfragen via Live-Chat hat in den letzten Jahren zugenommen.

 

Möchten Sie den Leuten noch etwas mitteilen?

SM: Keine Belastung ist zu gering um sich an ICAS zu wenden!

 

Herzlichen Dank an Sibylle Müller für die Beantwortung unserer Fragen!

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